Wein-Geister-Lesung 2020

Programm des ersten Halbjahres

Freitag, 10. Januar 2020, 19.30 Uhr

 

 

 

 

Foto: Iona Dutz

 

 

Anselm Oelze liest aus Wallace im Gewölbekeller der Ratsweinhandlung

Anselm Oelze, geb.1986, studierte Philosophie, Politikwissenschaft und Philosophical Theology in Freiburg und Oxford. Nach seiner Promotion an der Humboldt-Universität zu Berlin forschte er an der Universität Helsinki. Derzeit lehrt er an der LMU München. Wallace ist sein erster Roman:

Frühjahr 1858. Ein Brief verlässt eine kleine Insel in den Molukken. Sein Ziel ist Südengland, sein Inhalt: ein Aufsatz über den Ursprung der Arten. Kaum ein Jahr später sorgt er, von zwei Buchdeckeln umschlossen, für Aufsehen. Er reist erneut um die Welt und wird bekannt als Theorie der Evolution. Doch nicht sein Verfasser, der Artensammler Alfred Russel Wallace, erntet den Ruhm dafür, sondern sein Empfänger, der Naturforscher Charles Darwin. Von Wallace bleibt lediglich eine nach ihm benannte Trennlinie der Arten im Malaiischen Archipel. Einhundertfünfzig Jahre später stößt der Museumsnachtwächter Albrecht Bromberg auf das Schicksal des vergessenen Wallace. Er folgt ihm durch ferne Länder, und je länger er mit Wallace unterwegs ist, desto mehr zweifelt Bromberg an, dass alles so bleiben muss, wie es ist. Er fasst einen Plan, der endlich denjenigen ins Licht rücken soll, der bisher im Dunkeln war, und erkennt: Geschichte wird nicht gemacht, sondern geschrieben.

Mit seinem Debüt ist Anselm Oelze ein philosophischer Abenterroman gelungen, ein literarisches Denkmal für die Außenseiter des Lebens und der Geschichte.

„Eine hinreißende Meditation über Erfolg und das dafür notwendige Quäntchen Glück, und über die Fähigkeit, diesem Glück – zur Not – etwas nachzuhelfen.“ (Denis Scheck)

 

Donnerstag, 20. Februar 2020, 19.30 Uhr

 

 

 

Foto: Enno Kapitza

 

 

 

Steffen Kopetzky liest aus Propaganda im Gewölbekeller der Ratsweinhandlung

Steffen Kopetzky, geb. 1971, ist Autor von Romanen, Erzählungen, Hörspielen und Theaterstücken. Sein letzter Roman Risiko (2015), aus dem er auch in Uelzen bei den Wein-Geistern gelesen hat, war monatelang auf der Spiegel-Bestsellerliste und war für den Deutschen Buchpreis nominiert.

Steffen Kopetzkys großer Roman Propaganda spannt einen gewaltigen Bogen vom Zweiten Weltkrieg bis hin zu Vietnam. Ungeheuer spannend erzählt er von Krieg und Lüge – und von einem Mann, der alle falsche Wahrheit hinter sich lässt:

John Glueck ist im Krieg. Tief in Deutschland, im dunklen Hürtgenwald in der Eifel, 1944. Vor kurzem noch war er Student in New York, voller Liebe zur deutschen Kultur seiner Vorfahren; dann, als Offizier bei Sykewar, der Propaganda-Abteilung der US Army, traf Glueck in Frankreich sein Idol Ernest Hemingway. Für ihn zieht Glueck in den scheinbar unbedeutenden, doch von der Wehrmacht eisern verteidigten Hürtgenwald bei Aachen. Er entdeckt das Geheimnis des Waldes, als eine der größten Katastrophen des Zweiten Weltkriegs beginnt: die „Allerseelenschlacht“ mit über 15000 Toten. Was kann John Glueck noch retten? Sein Kamerad, der waldkundige Seneca-Indianer? Seine halsbrecherischen Deutschkenntnisse? Ein Wunder? Niemand trat unverändert wieder aus dem „Blutwald“ heraus, den die Ignoranz der Generäle zu einem Menetekel auch folgender Kriege machte. Zwanzig Jahre später, in Vietnam, erfährt John Glueck: Die Politik ist zynisch und verlogen wie eh und je. Er wird handeln, und sein Weg führt von der vergessenen Waldschlacht direkt zu den Pentagon Papers.

Propaganda ist eine glänzend geschriebene, unterhaltsame und zugleich lehrreiche Abenteuergeschichte, die einen starken Sog entwickelt.“ (Die Zeit)

 

Mittwoch, 25. März 2020: Die Lesung mit Judith Kuckart ist wegen des Corona-Virus  ausgefallen.

Foto: Burkhard Peter

Judith Kuckart hätte aus Kein Sturm, nur Wetter gelesen.

 Judith Kuckart, geb. 1959, lebt als Autorin und Regisseurin in Berlin und Zürich. Sie veröffentlichte diverse Romane, von denen Lenas Liebe verfilmt wurde. Die Autorin wurde mit zahlreichen Literaturpreisen und Stipendien ausgezeichnet. Ihrem neuen Roman stellt sie das Motto voran: „Wir sind, was wir vergessen haben.“

Im Café in der Abflughalle des Flughafens Tegel kommt die Protagonistin Sonntagabend mit einem Mann ins Gespräch. Robert Sturm ist sechsunddreißig, achtzehn Jahre jünger als sie. Er ist auf dem Weg nach Sibirien. Am Ende ihrer und seiner Arbeitswoche wird er zurückkommen. Am Samstag, darauf wartet sie. Als sie 1981 mit achtzehn nach Westberlin kam und Medizin studierte, lernte sie Viktor kennen, der doppelt so alt war wie sie. Er war die andere, die politische Generation und eröffnete ihr die Welt. Er selbst jedoch blieb ihr verschlossen. Das Leben mit Viktor war ein Abenteuer, aber eines, dessen Gefahren sie nicht teilte. Mit sechsunddreißig – inzwischen in Neurobiologie promoviert – trifft sie zur Jahrtausendwende Johann. Er ist so alt wie sie. Gemeinsam hangeln sie sich durch ihre Liebe; prekär sind nicht nur ihre Arbeitsbiografien.

Samstagvormittag, wieder Flughafen Tegel: Sechs Tage lang haben ihr Alltag und ihre Erinnerungen sich verwoben und einander zu erklären versucht. Warum sind die Männer in ihrem Leben immer sechsunddreißig? Ist sie noch die, an die sie sich erinnert? Oder ist sie, die sich in Sachen Gehirn auskennt, eigentlich das, was sie vergessen hat?

„Die Sprache ist so ungeheuer poetisch und zart. Ich habe bestimmt ein Dutzend Sätze rausgeschrieben.“ (Joachim Scholl, Deutschlandfunk Kultur)

 

Mittwoch, 29. April 2020, 19.30 Uhr: Die Lesung mit Jan Peter Bremer fällt wegen des Corona-Virus  aus.

 

 

Foto: Andreas Hornoff

 

 

Jan Peter Bremer hätte aus Der junge Doktorand gelesen.

Jan Peter Bremer, 1965 in Berlin geboren, erhielt für einen Auszug aus seinem Roman Der Fürst spricht 1996 den Ingeborg-Bachmann-Preis. Er nahm Aufenthaltsstipendien im In- und Ausland wahr, unterrichtete am Deutschen Literaturinstitut Leipzig und veröffentlichte zahlreiche weitere ausgezeichnete Romane, Hörspiele und ein Kinderbuch. Nun erschien in diesem Jahr ein sein neuer Roman Der junge Doktorand:

Zwei Jahre schon warten die Greilachs mit an Verzweiflung grenzender Vorfreude auf die Ankunft eines jungen Doktoranden in ihrer abgelegenen Mühle. Er soll dem alternden Maler Günter Greilach zu neuem Ruhm verhelfen. Für seine Frau Natascha dagegen wird er zum Lichtblick ihrer Alltagsroutine. Ihre Hoffnungen reichen nahezu bis ins Unendliche, doch als der junge Mann nach mehreren Absagen plötzlich doch vor ihrer Tür steht, kommt alles anders als selbst in wildesten Träumen ausgemalt. Nach Der amerikanische Investor gelingt dem vielfach preisgekrönten Jan Peter Bremer eine wunderbare Gesellschaftsparabel über unser allgegenwärtiges Bedürfnis gesehen zu werden. Kurzweilig, klug und voller Sprachwitz erweist er sich einmal mehr als „ein wahrer Chaplin der Schreibfeder“. (FAZ)

„Die karge, hinterlistige Prosa Bremers, seine träumenden, gebrochenen Narrenfiguren, haben dem Autor nicht ganz zu Unrecht den gern bemühten Vergleich mit Kafka und Robert Walser eingehandelt. Dabei sollte sich Bremers Prosa inzwischen selbst genug sein.“ (Der Tagesspiegel)

 

Programm des zweiten Halbjahres

Wegen der Corona-Pandemie können die Lesungen nicht wie gewohnt im Gewölbekeller der Ratsweinhandlung stattfinden.

4.September 2020, 19.30, Kulturstall des Aboretums Melzingen

Ingo Schulze liest aus Die rechtschaffenen Mörder

Ingo Schulze, den Träger des Werner-Bergengruen-Preises 2019, muss man den Lesern dieser Homepage nicht mehr vorstellen. Nach Peter Holtz folgt nun ein weiterer Roman aus der Wendezeit: Die rechtschaffenen Mörder. Norbert Paulini ist ein hoch geachteter Dresdner Antiquar, bei ihm finden Bücherliebhaber Schätze und Gleichgesinnte. Auch in den neuen Zeiten, als die Kunden ausbleiben, versucht er, seine Position zu behaupten. Doch plötzlich steht ein aufbrausender, unversöhnlicher Paulini vor uns, der beschuldigt wird, an fremdenfeindlichen Ausschreitungen beteiligt zu sein. Ist dieser passionierte Leser, der Büchermensch wirklich zum Täter geworden?                    (Foto: Gaby Gerster)

 

6.Oktober, 19.30 Uhr, St.Marien-Kirche Uelzen

Leif Randt(Foto: Zuzanna Kaluzna)

Leif Randt liest aus Allegro Pastell

Leif Randt wurde einem größeren Publikum erstmals durch den Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb 2009 bekannt, bei dem er den Ernst-Willmer-Preis zugesprochen bekam. Es folgten weitere Auszeichnungen und Stipendien, u.a. der Düsseldorfer Literaturpreis. An dem Buch, aus dem er bei den Wein-Geistern lesen wird, käme, so schrieb die Zeit, kein „Millenial“ (einer aus der Alterskohorte nach 1980) vorbei. Leif Randts Liebesroman Allegro Pastell sei „die perfekte Durchdringung der Gegenwart“: Tanja Arnheim, wohnhaft in Berlin, deren Debütroman auf Anhieb Kultstatus erreicht hat, wartet auf eine explosive Idee für ihr neues Buch. Ihr Freund Jerome Daimler,  ein gefragter Webdesigner, lebt im Maintal im Bungalow seiner Eltern und versucht, sein Leben zunehmend als spirituelle Einkehr zu begreifen. Die Fernbeziehung der beiden wirkt makellos, sie besuchen sich für lange Wochenenden in ihren jeweiligen Realitäten: Jogging und Meditation, driftende Dauerkommunikation und sexpositives Ausgehen, Jerome und Tanja sind füreinander da, jedoch nicht aneinander verloren.  Eltern, Freunde und depressive Geschwister spiegeln ihnen ein Leid, gegen das sie beide weitgehend immun bleiben. Doch der Wunsch, ihre Zuneigung zu konservieren, ohne dass diese bieder oder schmerzhaft existenziell wird, stellt das Paar vor eine große Herausforderung.

 

25. November, 19.30 Uhr. Die Lesung mit Judith Schalansky muss wegen der Corona-Verordnung vom November 2020 entfallen

Judith Schalansky(Foto: Jürgen Bauer)

Judith Schalansky liest aus ihren Werken (entfällt wegen Coronaverordnung )

Judith Schalanskys Werk, darunter der international erfolgreiche Bestseller Atlas der abgelegenen Inseln sowie der Der Hals der Giraffe, ist in mehr als 20 Sprachen übersetzt und wurde vielfach ausgezeichnet. Sie besticht, mehrfach auch darin ausgezeichnet, als grafische Buchgestalterin, ist Herausgeberin der Buchreihe Naturkunden und wird gerühmt als Autorin reflexionsstarker Erzählungen. Unsere Welt unterliegt einem steten Wandel, einem fortwährenden Kreislauf von Entstehen und Vergehen. „Im Grunde ist jedes Ding immer schon Müll, jedes Gebäude immer schon Ruine und alles Schaffen nichts als Zerstörung“, schreibt Judith Schalansky im Vorwort zu ihrem Erzählband Verzeichnis einiger Verluste. Woraus die Schriftstellerin, die schon seit längerem eigentlich gar nicht mehr auf Lesereisen geht, in Uelzen lesen wird, ist noch eine Überraschung, man darf gespannt sein!