Wein-Geister-Lesung 2015

Programm des ersten Halbjahres

Mittwoch, 21. Januar 2015, 19.30 Uhr

Wein-Geister-Lesung mit Katja Petrowskaja
im Gewölbekeller der Ratsweinhandlung

Lesendes_Maedchen(1770)

Die Suhrkamp-Autorin Katja Petrowskaja wird in Uelzenaus ih­rem neuesten Roman „Vielleicht Esther“ lesen.

Hieß sie wirklich Esther“ die Großmutter des Vaters, die 1941 im besetzten Kiew allein in der Wohnung der geflohenen Familie zu­ rückblieb? Die jiddischen Worte, die sie vertrauensvoll an die deut­ schen Soldaten auf der Straße richtete – wer hat sie gehört? Und als die Soldaten die Babuschka erschossen,“mit nachlässiger Routine“ – wer hat am Fenster gestanden und zugeschaut?

Die unabgeschlossene Familiengeschichte, die Katja Petrowskaja in kurzen Kapiteln erzählt, hätte ein tragischer Epochenroman wer­ den können: der Student Judas Stern, ein Großonkel, verübte 1932 ein Attentat auf den deutschen Botschaftsrat in Moskau. Sterns Bruder“ ein Revolutionär aus Odessa, gab sich den Untergrundna­ men Petrowski. Ein Urgroßvater gründete in Warschau ein Waisen­haus für taubstumme jüdische Kinder.

Wenn aber schon der Name nicht mehr gewiss ist, was kann man dann überhaupt wissen?

Statt ihren gewaltigen Stoff episch auszubreiten, schreibt die Auto­ rin von ihren Reisen zu den Schauplätzen, reflektiert über ein zer­ splittertes, traumatisiertes Jahrhundert und rückt Figuren ins Bild, deren Gesichter nicht mehr erkennbar sind.Ungläubigkeit Skrupel und ein Sinn für Komik wirken in jedem Satz dieses eindringlichen Buches.

Volker Hage, Literaturexperte des „Spiegel’schrieb über dieses Werk: „Selten wurde eine Familienrecherche, und es gibt ihrer in­ zwischen ja unzählige, derart spannend und bisweilen tränentrei­bend dargeboten. Als Romanfiktion wäre es überladen und un­glaubwürdig,würde es konstruiert wirken. So ist es große Literatur geworden.

Die ukrainisch-deutsche Schriftstellerin und Journalistin Katja Petrowskaja wurde 1970 in Kiew geboren, heute lebt sie mit ihrer Familie in Berlin. Sie gewann im Jahr 2013 den Ingeborg-Bach­mann-Preis, 2014 den ,,aspekte“-Literaturpreis, außerdem war sie, ebenfalls 2014, nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse.


Mittwoch, 18
. Februar 2015, 19.30 Uhr

Wein-Geister-Lesung mit Ulla Lachauer
im Gewölbekeller der Ratsweinhandlung

Die bekannte Schriftstellerin, Journalistin und Redakteurin Ulla Lachauer liest in Uelzen aus ihren Büchern „Paradiesstraße“ (rororo) und „Der Garten meines Lebens“ (Ulmer).

„Ich bin ein Glückskind“, sagt die Protagonistinder“Paradiesstraße‘ die Bäuerin Lena Grigoleit, die am äußersten Rand Ostpreußens zur Welt kam. Sie erzählt von ihrer glücklichen Kindheit und Ju­ gend, vom Fremdwerden in der Heimat nach 1945, der Deportati­ on nach Sibirien und der Rückkehr an die Memel – die Geschichte einer mutigen Frau, die allen Schicksalsschlägen zum Trotz immer lebensbejahend und eigenständig bleibt.

„Dieses Buch ist keine sentimentale Heimatschnulze.Wer die Seiten liest, hat sich keine Zeile gelangweilt. Er hat eine andere Welt ken­ nengelernt und wird das Buch gleich weiterreichen“, schreibt „Die Zeit“.

„Der Garten meines Lebens“ schildert das Leben mit der Natur der Agnes Sester – ein erfülltes Leben. Die Schwarzwälderin hat ihr Elternhaus, und damit ihren großen Garten, nie verlassen. Das Erleben der Jahreszeiten, der Monate,Wochen und Tage wird vom Werden und Wachsen der Blumen, des Obstes und des Gemü­ ses bestimmt. Als erstes wird morgens der Garten inspiziert: Was ist zu tun? Stockrosen hochbinden! Was ist reif? Johannisbeeren? Erbsen? Hinter dem Klatschmohn versteckt sich eine viel zu dicke Zucchini … „Alt isch merj wenn man nimmi schaffe kann!“, das ist der Lieblingssatz der Sester-Bäuerin.

Zwei Bäuerinnen – zwei Leben: Die eine erlebte den Verlust der Heimat, die andere hat nie etwas anderes als ihre Heimat gesehen.

Mittwoch, 18. März 2015, 19.30 Uhr

Wein-Geister-Lesung mit Burkhard Spinnen
im Gewölbekeller der Ratsweinhandlung

Der vielfach ausgezeichnete Autor Burkhard Spinnen hat mit sei­nem neuesten Buch „Zacharias Katz“ eine Parabel auf die Bru­ chigkeit geordneter Verhältnisse geschrieben. Was 1914 geschah, als das Jahrhundert in den Krieg sturzte, kann immer wieder passieren.Und gerade die, die sich am liebsten heraushalten wur­den, sind besonders anfällig:

Sommer 1914. Den jungen Deutschamerikaner Zacharias hat es auf die „Präsident“ verschlagen, ein kleines deutsches Passagier­ schiff; das in der Karibik Reisende fur die großen Ozeandampfer aufsammelt. Zacharias ist auf der Flucht, wovor genau, das weiß er nichti vielleicht vor Gangstern aus New York,vielleicht vor sei­ ner unentschiedenen Lebensgeschichte. Bislang war er Journalist ohne Leidenschaft und Textdichter ohne poetische Ader. An Bord der „Präsident“ schreibt Zacharias auf, was ihm die Passagiere aus Deutschland erzählen. Es sind Geschichten vom Selbstzwei­fel, vom Verlust der Identität. Episoden aus einer Gesellsshaft die sich auflöst, weil sie nicht mehr an sich glaubt. – Als in Buropa der Krieg ausbricht, erreicht er auch die „Präsident“. Sie wird zu­erst zum Flüchtlingsschift dann zum Hilfskreuzer, mit dem ihr Kapitän auf Kaperfahrt geht. Zacharias müsste entscheiden,wo er stehen und wer er sein will. Doch gerade weil er das nicht tut, zieht es ihn immer tiefer in den Krieg hinein.

„Ein Meisterstück“ konstatiert die „Frankfurter Neue Presse“ und die „Hörzu“ erkennt in diesem Buch „eine interessante, untypi­sche Herangehensweise an den Ersten Weltkrieg, mit der sich der Autor klar von der herkömmlichen Weltkriegsliteratur abhebt.“

Freitag, 10. April 2015, 19.30 Uhr

Wein-Geister-Lesung mit Marjana Gaponenko
im Gewölbekeller der Ratsweinhandlung

Die mit diversen deutschen Literaturpreisen ausgezeichnete ukrainische Schriftstellerin Marjana Gaponenko liest aus ihrem neuesten Buch „Wer ist Martha?“. Sie hat damit einen kühnen Roman geschrieben,eine hymnische Feier des Lebens. Es geht um das Geheimnis unserer Existenz, die Freude am Dasein bis zum Schluss, die Würde des Menschen, die Liebe zur Schöpfung. Ein Roman über die letzten Dinge, in Frack und Fummel, so phantas­ tisch und originen so lebendig und frech, dass selbst der Tod nicht mehr aus dem Leben herauskommt.

Viel Zeit bleibt nicht mehr; sagt der Arzt. Und die will gut ge­ nutzt sein, sagt sich Lewadski, der tattrige Ornithologe aus der Ukraine. Also reist er nach Wien, steigt im noblen Hotel Imperial ab und lernt im Fahrstuhl einen Altersgenossen kennen, dem der Lebensfaden auch schon reichlich kurz geworden ist. Wie die beiden Alten aus der Muppet Show in ihrer Loge sitzen die zwei beim Früchte-Wodka in der Hotelbmk.ommentieren die Frisuren der Damen, rekapitulieren das mörderische vergangene Jahrhun­ dert und träumen von der Revolution. Und langsam wird Le­wadski das Geld zum Sterben knapp.

„Ein Buch wie ein grandioses Fest, sicher wie ein Kinderglaube, souverän getragen durch eine mutige Sprache, die erstaunt bis zum Schluss.“ (Neue Zürcher Zeitung)

Volker Hage vom“Spiegel“ schreibt: „So erstaunlich wie die junge Autorin ist auch ihr Roman: Jubel über die Schöpfung und ihre Wunder voll Lebensfreude, auch wenn es um letzte Dinge geht.“

Marjana Gaponenko verbrachte Kindheit und Jugend in Odessa. Sie studierte dort Germanistik und begann Gedichte zu schrei­ ben und zu veröffentlichen. 2001 debütierte sie in Deutschland mit dem Gedichtband „Wie tränenlose Ritter“ 2010 erschien ihr erster Roman. Ihre Gedichte wurden in viele Sprachen übersetzt.

Programm des zweiten Halbjahres

Donnerstag, 24. September 2015, 19.30 Uhr

Wein-Geister-Lesung mit Steffen Kopetzky
im Gewölbekeller der Ratsweinhandlung

Steffen Kopetzky macht während der Niedersächsischen Literaturtage einen Abstecher nach Uelzen, um hier aus seinem neuen Roman Risiko zu lesen. Obwohl die Handlung des Buches vor bzw. während des Ersten Weltkrieges spielt, ist sie brandaktuell. Der Autor versteht es, den Leser unglaublich spannend durch die politischen Ränkespiele der damaligen Zeit und mit einer sehr ungewöhnlichen Expedition bis nach Afghanistan zu führen. Hier wird der Beginn der europäischen Einmischung, basierend auf machtpolitischem Kalkül, vor Augen geführt: Der Protagonist des Romans, der junge Marinefunker Sebastian Stichnote liegt mit seinem Schiff vor der Küste Albaniens. Aus der Enge der Giesinger Gerberei seiner Brüder hat ihn das Fernweh hinaus auf See und zur vielstimmigen Funktechnik gezogen. Diese gibt ihm das Gefühl, mit dem ganzen Kosmos in Kontakt zu stehen. Als der Erste Weltkrieg beginnt, muss die unterlegene deutsche Flotte durchs Mittelmeer nach Konstantinopel fliehen. Strichnote hat es nach den ersten Seegefechten eilig, sein Schiff so schnell wie möglich zu verlassen und schließt sich als Funkoffizier einer geheimen Expedition nach Kabul an. Ihre Reise führt sie nach Syrien, Bagdad, Teheran, Isfahan und schließlich durch die persische Wüste. Am Ende hängt der Erfolg der Expedition von Stichnote ab, der mit allem brechen muss, was ihm einst heilig war.

Risiko wurde vorgestellt im NDR Am Morgen vorgelesen, begeisterte Kritiken allerorten: “Eine der atemberaubendsten Lektüren in diesem Jahr… Mich hat Risiko in einen regelrechten Leserausch versetzt.“(ARD Druckfrisch), „Risiko – ein veritabler Abenteuerroman, mit barocker Erzähllust geschrieben, vielleicht ein Erbe des Günter Grass.“ (Deutschlandfunk)


Dienstag, 13. Oktober 2015, 19.30 Uhr

Wein-Geister-Lesung mit Doris Gercke
im Gewölbekeller der Ratsweinhandlung

Königin der Insel heißt der neue, im Atlantik-Verlag erschienene Roman von Doris Gercke. Sie erzählt in ihrem Buch von Meer und Sonne, von Licht und Schatten und von einer großen Liebe auf der kleinen Insel Samos:

Genia und Stavros leben schon immer auf Samos, der griechischen Insel im Mittelmeer. Mit seinen einfachen Tavernen, dem Wind in den Tamarisken und dem Meer vor der Haustür ist das Inselleben beschaulich – zumindest für Genia. Stavros arbeitet hart und steigt mit der Zeit zu einem der mächtigsten Männer von Samos auf. Doch auf dem Weg dorthin verliert sich das Paar. Und dann passiert, was nicht hätte passieren dürfen: Genia verliebt sich in Lorenzo und ein Sturm zieht auf.

Seit vielen Jahren stellt Doris Gercke, die z. T. im Landkreis Uelzen lebt, bei den Wein-Geistern ihr jeweils neuestes Werk vor. Man kennt sie als sozialkritische Krimi-Autorin, hier aber erwartet die Zuhörerinnen und Zuhörer etwas ganz anderes….


Freitag, 6. November 2015, 19.30 Uhr

Wein-Geister-Lesung mit Felicitas Hoppe
Im Gewölbekeller der Ratsweinhandlung

Am Vorabend der Verleihung des Werner-Bergengruen-Preises an die Büchner-Preisträgerin Felicitas Hoppe, wird die Autorin in der Literaturreihe der Wein-Geister aus verschiedenen ihrer Werke lesen. Da gibt es ihren Roman Pigafetta, der eine Reise auf einem namenlosen Frachter beschreibt, der einmal um die Welt fährt und der Container transportiert, deren Inhalt niemandem bekannt ist. Die FAZ schreibt dazu: „Ein literarisches Ereignis… Wer dieses Buch liest, wird es zu den raren Dingen zählen, aus denen er sich etwas macht. Ebenso begeistert äußern sich diverse Kritiker zu ihrem Buch Hoppe: „Als Leben zu kurz, als Roman zu schön, um wahr zu sein: Hoppe ist keine Autobiographie, sondern Hoppes Traumbiographie, in der Hoppe von einer anderen Hoppe erzählt: Das Beste, was bislang über Hoppe geschrieben wurde!“

In ihrem Buch Sieben Schätze, Augsburger Vorlesungen, fragt die Autorin „Was tun wir wirklich, wenn wir schreiben? Mit welchen Mitteln schreiben wir, wenn die alten Worte nichts mehr taugen und die neuen unseren Sehnsüchten und Wünschen nicht auf angemessene Weise zum Ausdruck verhelfen? Wie sprechen wir heute miteinander? Und: Wie sprechen wir über uns selbst?“ Zweifelsohne steht dem Publikum ein spannender Abend bevor.


Freitag, 27. November 2015, 19.30 Uhr

Wein-Geister-Lesung mit Sibylle Lewitscharoff
in der Stadtbücherei

Die Suhrkamp-Autorin und Büchnerpreisträgerin Sibylle Lewitscharoff wird in Uelzen aus ihrem neuesten Roman Killmousky lesen. Es handelt sich hier um einen echten Krimi, nämlich einen Mann, einen Kater und einen Mord. Die Kritik sieht ihn gar als Hommage an Raymond Chandler: Richard Ellwanger ist es ein Rätsel, wie er von nun an die Zeit verbringen soll: Frauen? Zigaretten? Whiskey? Den lieben langen Tag? Den Dienst als Kriminalhauptkommissar hat er quittiert, nachdem er, der „Verhör-Ellwanger“, die raffinierteste Verhörbegabung Münchens, einem Verdächtigen gegenüber die Beherrschung verloren hat. Da winkt ein Auftrag im fernen New York: Eine begüterte Frau ist zu Tode gekommen, und ihre Schwester und ihr Vater beschuldigen den trauernden Ehemann, ein anderer zu sein, als er vorgibt. Sie beauftragen Ellwanger mit privaten Ermittlungen. Und das heißt für den Mann aus dem Hohenlohischen nicht nur, seinen schwarzfelligen Hausgenossen Killmousky den Nachbarn anzuvertrauen. Es heißt auch, sich in einer Metropole zurechtzufinden, in der ihm die Sprache nicht behagt, die Gepflogenheiten der oberen Zehntausend fremd sind und ein möglicher Mörder lebt, der vielleicht aus Ellwangers Heimat stammt und dessen Persönlichkeit den Ex-Kommissar zunehmend fasziniert.

Die Sprachvirtuosin Sibylle Lewitscharoff nimmt sich eines Genres an, das mit ihr Millionen lieben: Killmousky ist ein grandioser Kriminalroman, in dem New York und die hohenhohische Provinz gleichermaßen unter Schneebergen begraben liegen, und zugleich ein Lesegenuss höchster Güte. Die Neue Zürcher Zeitung befindet: „Unterhaltsam liest sich dieser Krimi…vielleicht auch darum, weil die Autorin die genreüblichen Vorgaben nur sehr locker zu erfüllen sich vornimmt.“

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