Wein-Geister-Lesung 2026

Donnerstag, 22. Januar 2026

Ursula Krechel liest aus „Sehr geehrte Frau Ministerin“

Ursula Krechel (Foto: Heike Steinweg)

Eva Patarak und ihr Sohn werden offenbar ausspioniert. Welches Ziel verfolgt die Lateinlehrerin Silke Aschauer mit ihrer Observation? Fest steht nur: Silke hält längst nicht alle Fäden in der Hand denn ihr eigener Körper hat einen blutigen Aufstand gegen sie angezettelt, der sie in die Rolle der Patientin zwingt. In ihrer Ohnmacht wenden sich beide Frauen an die Justizministerin – ohne zu ahnen, in welche Gefahr sie die Staatsvertreterin damit bringen. Die preisgekrönte Autorin Ursula Krechel erzählt in ihrem radikal gegenwärtigen Roman über die abgründigen Beziehungen zwischen Söhnen und ihren Müttern, von symbiotischer Mutterschaft, von existenziell gefährdeten Frauen und von politischer Gewalt: Sie hat mit diesem stilistisch herausragenden Roman eine Kulturgeschichte aller Frauen geschrieben Es ist die Geschichte ihres Widerstands gegen die Gewalt, die ihnen physisch und psychisch zugemutet wird. (2025 erhielt Ursula Krechel den renommierten Georg-Büchner-Preis.)     

Donnerstag, 12. Februar 2026

Monika Zeiner liest aus „Villa Sternbald oder Die Unschärfe der Jahre“

Monika Zeiner (Foto: Christian Betz)

Nach langer Zeit kehrt Nikolas Finck, ein Schulmöbelfabrikantensohn in sein Elternhaus bei Nürnberg zurück. Aus dem Wochenende wird ein Jahr. Einquartiert in der Dachkammer der Villa Sternbald, steigt er in die Vergangenheit der Familie hinab und beginnt zu erzählen von seiner Kindheit und der ersten Liebe, von der Erfindung der Columba-Schulbank, dem traurigen Insektenforscher Jean und der glasflügeligen Edith. Während im Haus eine Ausstellung übers „Klassenzimmer im Wandel der Zeit“ und das Firmenjubiläum vorbereitet werden, stört er das Treiben. Wie früher verfolgt der selbsternannte Aerophonautiker und Schnurologe eigene Pläne – um das Dunkle in der Familiengeschichte ans Licht zu bringen, vor allem aber zur Verteidigung der Kindheit seiner Neffen. – Ein Familienroman über Kindheit und Erziehung vom Kaiserreich bis heute, über Schuld und Verdrängung, Lüge, Liebe. Vielschichtig, von epischer Tiefe und hinreißend erzählt.

Mittwoch, 18. März 2026

Michael Maar liest aus „Das violette Hündchen“

Michael Maar (Foto: Hans Lepel)

Michael Maar zeigt, was die Werke der Weltliteratur dem aufmerksamen Leser offenbaren: was Sherlock Holmes‘ Methode von derjenigen Sigmund Freuds unterscheidet, welches deutsche Vorbild hinter Nabokovs Lolita hervorschimmert und worum es in Stevensons Dr. Jekyll und Mr. Hyde und in Stokers Dracula eigentlich geht. Ewas hatte Mark Twain gegen Jane Austen, und wie nimmt Virginia Woolf in Mrs. Dalloway ihr eigenes Schicksal vorweg? Daniel Kehlmann, Jonathan Franzen, Salman Rushdie: Auch die Werke der Gegenwart funkeln von oft übersehenen Details. Und das violette Hündchen? Es taucht ganz beiläufig in Tolstois Krieg und Frieden auf – und begleitet uns durch das Buch. Michael Maar führt in diesem Band nicht nur bedeutende Werke und ihre Schöpfer lebhaft vor Augen; er ist selbst ein großartiger Erzähler und versammelt eine beeindruckende Fülle an fiktionalen wie ganz realen Begegnungen, Verwicklungen und Geschichten.

Donnerstag, 9. April 2026

Martin Mosebach liest aus „Die Richtige“

Martin Mosebach (Foto: Hagen Schnauss)

Ein verblühtes Azaleenbäumchen, fast schon im Müll, und dann, ganz unerwartet, eine rosa Wolke, neues Grün – „So müsste man arbeiten, wie diese Pflanze!“, sagt Louis Creutz, ein Maler, der über Grenzen hinweggeht, weil er keine sieht. Von den Menschen, die mit ihm in Berührung kommen, profitiert er, solange sie ihm nützlich sind, und dann lässt er sie fallen. Meist sind es Frauen, seine Modelle. Eine von ihnen ist inzwischen obdachlos, eine Streunerin mit goldgefärbten Locken, schwarzem Seidenumhang und einem unheimlichen Maskengesicht. Eine andere, noch lebensfrohe, die barfuß in Sandalen der Kälte trotzt, schlägt jede Warnung in den Wind. „Die Richtige“ ist etwas Besonders im Werk von Martin Mosebach, steht für sich – als Spiegel, als Brennglas, als Kostbarkeit. Ein virtuos und mit großer Menschenkenntnis erzählter Roman über die Abgründe in menschlichen Beziehungen, über Kunst und Leben, Liebe und Macht.