
Mit der siebte Folge aus dem ungekürzten Compendium Bergengruenianum setzt auch dieser siebte Band unseres Periodikums ein, immer noch mit der Hoffnung, dass ein mutiger Sponsor die längst fällige Gesamtherausgabe dieses wichtigen autobiographischen Werks von Werner Bergengruen ermöglicht. In seinen Aufzeichnungen reflektiert Bergengruen u.a. die schwierige Entscheidung, die für bedrohte Autoren im Dritten Reich zwischen Dableiben und Auswandern zu treffen war. (Der letzte Eintrag in der hier abgedruckten Folge sinnt der Verwandtschaft von Exil und Asyl nach.) Die literaturgeschichtlichen Einordnung Bergengruens kreist immer wieder um den in vielen Farben schillernden Begriff der „Inneren Emigration“. Der hier vorliegende Band der Bergengrueniana nimmt sich ein weiteres Mal schwerpunktmäßig dieses Themas an.
Der Theologe Gerhard Ringshausen, vor kurzem einschlägig hervorgetreten mit seinem Werk Das widerständige Wort. Christliche Autoren gegen das „Dritte Reich“ (Berlin 2022), beruft sich in seiner eigens für die Bergengrueniana verfasstenUntersuchung ausdrücklich „trotz der Missverständlichkeit des Ausdrucks“ auf den Begriff Innere Emigration („ohne Anführungszeichen“). Er verfolgt darin Bergengruens Weg in den geistigen Widerstand von einer anfänglichen „Arglosigkeit“ über ein zunehmend „verdecktes“ Schreiben bis hin zum Rückzug in Anonymität und Untergrund. Beträchtlich erweitert wird der Kreis der so benannten (und dort nicht immer zutreffend einzureihenden) inneren Emigranten in einer jüngst im Lepanto Verlag erschienenen zweibändigen Anthologie, in der die Herausgeber Günter Scholdt und Christoph Fackelmann unter dem Titel Eisblumen „nonkonformistische Lyrik“ im Dritten Reich versammeln (Bergengruen ist darin gebührend vertreten). Die beiden Germanisten schließen damit eine jahrzehntelange Editionslücke. Wir drucken hier mit freundlicher Genehmigung der Autoren und des Verlags einen längeren Auszug aus dem Vorwort der Herausgeber ab. Der Beitrag über die Katholizität Werner Bergengruens behandelt seine – wenn man so will – „Emigration“ aus der vorherrschenden protestantischen Religionsgemeinschaft.
Emigration nach außen hat Bergengruen als „größte Verletzung“ seines Lebens schon mit 10 Jahren erfahren. Seine von den Eltern wegen der Russifizierung an den baltischen Schulen verfügte Verpflanzung nach Lübeck empfand er als „Herausreißung“ aus seiner natürlichen Umgebung. Später sah er darin seine existenzielle Bestimmung, nirgends mehr richtig heimisch zu werden und die zahlreichen Ortswechsel, einem „Pilgrim“ und „Zigeuner“ gleich, als Wanderschaft zu begreifen. Bernhard Stalla spürt dem „Symboldbild des Wanderers“ in Bergengruens Lyrik nach.
Traditionsgemäß gehört die Dokumentation der vorausgegangenen Verleihung des Werner Bergengruen-Preises zum Inhalt unseres Periodikums. Diesmal wurde der als Kinder- und Jugendbuchautor erfolgreiche Andreas Steinhöfel geehrt. Tilman Spreckelsen stellt ihn in seiner Laudatio als jemanden vor, der mit seiner erfindungsreichen, aber nirgendwo gespreizten oder gekünstelten Erzählweise Jung und Alt anspricht und so die klassischen Grenzen dieses Genres sprengt. Steinhöfels Dankrede, in der er den Zwieselchen-Autor Bergengruen unter die Lupe nimmt, bereichert die Literatur über Bergengruen um ein kleines, aber feines Glanzstück.
