Sehr geehrter Herr Zachmeier, liebe Maria Schütze-Bergengruen, liebe Mitglieder der Werner Bergengruen-Gesellschaft, liebe Noch-Nicht-Mitglieder, meine Damen und Herren! – Lassen Sie mich gleich an dieser Stelle Dank sagen an die Katholische Akademie in Bayern für die schnelle Bereitschaft, mit unserer Gesellschaft diese Tagung zum 50. Todestag von Werner Bergengruen in diesem schönen und geist-gesättigten Haus auszurichten. Die Vorbereitungen liefen reibungslos, unkompliziert, entgegenkommend.
Ein herzlicher Dank gilt auch gleich einem mit besonderer Freude hier zu begrüßenden Tagungsteilnehmer und großzügigem Förderer unserer Gesellschaft, dem Verleger Dr. Dirk Ippen , der nicht nur beim Bergengruen-Preis 2013 in die finanzielle Bresche gesprungen ist, sondern auch die Durchführung dieser Tagung und das Erscheinen der Bergengrueniana II, unseres Periodikums, ganz wesentlich ermöglicht hat. Es liegt übrigens druckfrisch hier aus, zusammen mit den Vorgängern und aktuellen Flyern (die man auch als Eintrittsformulare in die Bergengruen-Gesellschaft benutzen kann…).
Meine sehr verehrten Damen und Herren – es ist immer wieder schön, in München zu sein. Werner Bergengruen hat diese Stadt geliebt. 1912 kam er zum ersten Mal hierher, 1936 bis 1942 lebte er hier, wohnte im eigenen Haus im Vorort Solln und auch nach der „Trennung von Tisch und Bett“, wie er das nannte, besuchte er die Stadt immer wieder. 1962 proklamierte er deshalb anlässlich eines weiteren Besuchs seine „Goldene Hochzeit mit dem Münchner Kindl“.
Mehr als nur eine Episode von Bergengruens Münchner Zeit, nämlich seine Mitgliedschaft in der hiesigen „Zwanglosen Gesellschaft“, wird nun in den gerade ausgelieferten Bergengrueniana II dokumentiert. Dr. Bernhard Stalla geht dieser eminent fruchtbaren Mitgliedschaft minutiös nach, die Bergengruen in schwerer Zeit ein Forum für Vorträge und Lesungen aus unpublizierten, mit Veröffentlichungsverbot bedachten Werken bot und immer mal wieder auch Anlass war für eine spezielle Liebhaberei, nämlich das Verfassen von oft seitenlangen Schüttelreimen.
Bergengruen ist ohne seinen Humor, natürlich auch den legendären baltischen Humor, nicht vorstellbar. Wir werden diesem Humor sicherlich auch während dieser Tagung begegnen – etwa wenn uns Maria Schütze-Bergengruen, die Tochter und Vizepräsidentin unserer Gesellschaft das Compendium Bergengruenianum vorstellt (das erste, erstmals ungekürztes Kapitel ist ebenfalls in den Bergengrueniana II abgedruckt).
Wenn Tilman Krause dieser Tage in der Welt dem u.a. von den Adorno-Adepten geächteten Bergengruen zwar in vielem wieder Gerechtigkeit widerfahren lässt, ihn aber partout nicht als Intellektuellen sieht, der sich mit den Zivilisationsbrüchen seiner Zeit auseinandersetzt, dann empfehle ich ihm die Lektüre dieser Aufzeichnungen, die mit Lichtenbergscher Aphorismen-Schärfe an hellsichtiger Analyse seiner Zeit und Zeitgenossen genug bieten.
Bergengruen hat seine Tiefe oft an einer humorvollen, manchmal auch balladesken Oberfläche versteckt, im Sinne einer bekannten Forderung von Hugo von Hofmannsthal. Wir werden sie ausfindig machen, etwa wenn die speziell baltischen Verwicklungen Bergengruens in den ersten Weltkrieg zur Sprache kommen; oder wenn seine Freundschaft zum schwermütigen Reinhold Schneider beleuchtet wird; oder auch wenn wir von seiner Konversion zum Katholizismus hören.
Ich danke allen Referenten der Tagung, dass sie sich dieser Themen angenommen haben. Ich will hier nicht schon wieder auf das törichte Heile-Welt-Geunke der Deschner, Schnell und anderer eingehen (für solche Leute genügt es, wenn einer katholisch ist, um ihm poetische Qualität abzusprechen) – ich möchte nur unterstreichen, was der Titel unserer Tagung sagen will, dass nämlich in Bergengruen, was immer an Unheil und Anfechtung um ihn herum war, sich die Poesie behauptet hat.
Werner Bergengruen ist, wie er selbst sagte, ein Septemberkind. Er ist im September geboren und am 4. September 1964, vor 50 Jahren, gestorben. Lassen Sie mich eines seiner schönsten Gedichte an den Beginn unserer Septembertagung stellen:
September will ich singen,
September sag ich an.
Die harten Schalen springen,
das flüssige Gold gerann.
Verglichen steht die Waage,
sie weiß von keiner Last.
Die Frucht der späten Tage
Ruht unbewegt im Ast.
Im Lösen und im Binden
wird neu die Zeit gewagt.
Verborgenes Wiederfinden
ist allem zugesagt.
Da steht verklärt im Frieden
die dunkle Felsenwand.
Und was dich je gemieden,
liegt still auf deiner Hand.
Es kehrt, was längst zerstoben,
genesen bei dir ein.
Nun wird es aufgehoben
und unverlierbar sein.
Den Hornruf hör ich schmettern
blank im Septemberton:
umrauscht von Flammenblättern
Komm heim, Septembersohn!
Jetzt bleibt dir zu ersinnen
der schweigende Gesang
vom leuchtenden Beginnen
in jedem Untergang.
Zu goldnen Jahresringen
heb dich mit Laub und Tann!
September will ich singen,
September sag ich dann.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.